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Eine Gedenkstunde allein reicht wohl nicht

Empfang der Stadt Pappenheim zum 150. Geburtstag der Ehrenbürgerin Sophie Hoechstetter

Die vielen Gäste, die sich zum Empfang im Pappenheimer Ratssaal zum Gedenken an Sophie Hoechstetter am 15. August 2023 eingefunden haben, zeigen, dass die Idee der beiden Pappenheimer Vereine, des Kunst- und Kulturvereins und des Geschichtsvereins, sich an die einst erfolgreiche Schriftstellerin Sophie Hoechstetter im Jahr 2023 in vielen Facetten zu erinnern und sie entsprechend zu würdigen, große Früchte getragen hat. Vor wenigen Jahren haben sicherlich nur einige wenige Eingeweihte in der Region gewusst, wer Sophie Hoechstetter war und was es mit ihrer Beziehung zu Pappenheim und zu Franken auf sich hat. Heute, zum neunzigsten Jubiläum ihrer Ehrenbürgerschaft fand ein Festakt statt, dem viele Vertreter aus dem ganzen Landkreis beiwohnten, natürlich auch zahlreiche Pappenheimerinnen und Pappenheimer.
Den Festakt umrahmten stilvoll zwei unterschiedliche Musikduos: Annika Eggert und Annika Hüttinger spielten Stücke von Händel und Bach zum Auftakt und zum Abschluss. Zwei von Martha Baumgartner schon früher vertonte Hoechstetter-Gedichte wurden von Karen Buck (Gesang) und Philipp Rhein (Klavier) vorgetragen, zum Abschluss kam es unter großem Beifall zu einer Uraufführung des von Philipp Rhein vertonten Hoechstetter-Gedichtes „Abendstimmen“.
Bürgermeister Florian Gallus würdigte in seiner Begrüßung die Schriftstellerin und Ehrenbürgerin Sophie Hoechstetter, aber auch die ehrenamtliche Vereinsarbeit, die erst dieses Gedenkjahr ermöglicht hat. Ihm ist es ein Anliegen, dass die Kulturarbeit in Pappenheim und der hiesigen Region nach der Pandemie wieder erfolgreich starten kann und dazu gehört für ihn die Gestaltung des Festjahres für Sophie Hochstetter, aber auch für die Zukunft eine museale städtische Einrichtung zur dauerhaften Erinnerung zu schaffen. Der Stellvertretende Landrat Günter Obermeyer hat sich ebenfalls anerkennend zur Kulturarbeit in der Region geäußert und betonte die Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements in dieser Sparte – denn Kultur ist für ihn ein wichtiger Teil des Lebens. Beide versichern, die aktiven Vereine mit ihren vielen Ehrenamtlichen dabei kräftig zu unterstützen.
Fabiola Diehl und Uwe Graf, die beiden Organisatoren und Gestalter des Gedenkjahres, das seit April in insgesamt zehn unterschiedlichen Angeboten mit Vorträgen, Musik, Lesungen,
Spaziergängen und Plakataktionen die Öffentlichkeit über Sophie Hoechstetters Leben und Werk informierten, bedankten sich bei den vielen Unterstützern, die ihnen dabei von allen möglichen Seiten geholfen hatten, um diese Reihe erfolgreich gestalten zu können. Die Sparkasse Weißenburg-Gunzenhausen würdigte mit einer großzügigen Spende dieses außergewöhnliche Engagement.
Den zentralen Punkt der Veranstaltung nahm die Laudatio von Andreas Haller zu Sophie Hoechstetters Werk ein. Der Laudator verriet dem Publikum, dass er einige ihrer über 50 Bücher selbst gelesen hat, auch wenn das uns heute mit anderen Lesegewohnheiten schwer fällt. Dazu studierte er manche ihrer Gedichte, um zu erfahren, was der Wesenskern in ihren Werken sei, denn Literatur will gelesen werden. Sein Fazit: Ihre Texte sprechen immer die unvollendete und unerfüllte Liebe als zentrales Thema an. Auch in ihrem eigenen Lebenslauf ist diese Tragik zu erkennen, wie er ausführte, da nämlich ihre erste Liebe zu Toni Schwabe zerbrach, danach hatte sie nie mehr eine so innige Beziehung erlebt. In diesem Zusammenhang sieht er auch ihre Beschäftigung mit Kaspar Hauser, dem Findelkind, das keine menschlichen Bindungen kannte. Ihr Roman dazu trägt den bezeichnenden Titel „Das Kind von Europa“, denn er war ohne Nationalität, ohne Familie, ohne Eigentum, ohne Liebe, er war „freischwebend“.
Auch darf man Sophie Hoechstetter, wie Andreas Haller anmerkt, mit ihren fränkischen Novellen nicht als „Heimatdichterin“ abtun, sondern sie kann vielmehr eher als „heimatverbundene Dichterin“ charakterisiert werden. Wie sie ihre fränkische Herkunft nie verschwiegen hat, hat sie hat auch nie ihr Anderssein versteckt, sie trug lange Hosen in einer Zeit, als das für eine Frau fast undenkbar schien, sie hatte kurze Haare und entsprach damit in keiner Weise dem Bild einer bürgerlichen Frau, eine konservative Heimattümelei war ihr sicher fremd. Sophie Hoechstetter war emanzipiert, aber keine Suffragette, sie schätzte den Lebensstil der adlig-höfischen Welt in ihren Romanen und für sich selber. Sie strahlte Distanz, Würde, Autorität aus und hielt ihre Umgebung damit immer auf Abstand. Mit dem Satz „Dieses Leben verdient unsere uneingeschränkte Anerkennung und Wertschätzung!“ beendete Andreas Haller seine mit hoher Aufmerksamkeit verfolgten Ausführungen zu Sophie Hoechstetters Leben und Wirken.
Albrecht Bedal

Donnerstag, 24. August 2023 11:33 Uhr | Alter: 1 Jahre | Dieser Artikel wurde 15878 mal gelesen


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