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19.3.2024 - 10:55

5. NSDAP – Die Ortsgruppe der Gemeinde

5.1 Hierarchie der Ortsgruppe und der Betriebszelle

Wie das faschistische System auf Reichsebene war auch das System der Ortgruppen auf das Führerprinzip ausgelegt, es gab neben Schriftführer und Ortsgruppenverwaltung nur den Ortsgruppenleiter an höchster Stelle auf Ortsebene. Im Falle Pappenheims übernahm dieses Amt der Pappenheimer Georg G.

Die Betriebszelle der NSDAP in Pappenheim, in der Hierarchie des NS-Staates direkt unter der Ortgruppe, wurde im April 1933 im Gasthaus „Zum Hirschen“ gegründet.

Die Aufgaben der NS-Betriebszellenorganisation wurden wie folgt verteilt:

Leiter der Betriebszelle

Karl K.

Schriftführer  

August B.

Propagandaleiter

Stefan S.

Kassier

Karl K.

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5.2 Funktion und Zweck

Die Ortsgruppe und die Betriebszellenorganisation hatten zum Zweck, den nationalsozialistischen Überwachungsstaat auf kleinster Ebene zu vervollkommnen. Die Funktion der Ortsgruppe und der Betriebszellenorganisation bestand darin, die politische Haltung der Bevölkerung zu überwachen  und notfalls mit entsprechenden Mitteln (Gestapo, SS, SD, SA etc) die Führertreue in der Bevölkerung zu „festigen“ bzw. „unerwünschte Elemente“ zu melden.

Natürlich hatten beide Gruppen die Aufgabe, die Durchsetzung der neu erlassenen Gesetze zu überwachen

Ob und in welchem Maße die Ortsgruppen- bzw.  die Betriebszellenmitglieder an der Überführung von drei Pappenheimern in das KZ Dachau beteiligt waren lässt sich nicht mehr überprüfen, da nach der Entlassung aus Dachau kurze Zeit später die Personen aus Angst vor Repressalien schwiegen.

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5.3 Judenverfolgung

Die Judenverfolgung in Pappenheim gilt auch heute noch als ein Tabuthema der Gemeinde, auch heute werden noch Vorträge und Reden von manchen Personen unterbrochen, wenn dieses Thema angesprochen wird.

In Pappenheim konnte die Judenverfolgung nicht so extrem verlaufen, wie zum Beispiel in Treuchtlingen, da die letzen Juden, der Kolonialwarenhändler L.A. Schimmel und der Schneider Gutmann mit ihren Familien Pappenheim in den Jahren nach der Machtergreifung Hitlers verließen.

Die Familie Schimmel zog wahrscheinlich nach Palästina. Natürlich hatten auch sie schon längst erkannt, dass die Lage für Juden in Deutschland immer schwieriger wurde.

Der Judenhass in Pappenheim fand Ausdruck in harmlosen Streichen von Kindern und Jugendlichen, so wurde z.B. einem jüdischen Mitbürger Schweinefleisch zum Verzehr gereicht, was dieser unwissentlich verzehrte, in Verspottungen („Stinkerjud“) und dem Anspucken auf dem Pausenhof.

Belegbare Beweise dafür, dass es auch in Pappenheim Antisemitismus gab, liefert das Foto auf dem Titelblatt meiner Arbeit: „Der Weg nach Palästina führt nicht über Pappenheim“ – eine klare Nachricht an Juden, die Stadt Pappenheim zu meiden, d.h. den Ort nicht einmal zu betreten, geschweige denn sich dort aufzuhalten.

Dies steht im krassen Gegensatz zu den Berichten der Zeitzeugen, fast alle bestätigten, dass die Pappenheimer Juden in die Gesellschaft integriert waren und es zu keinen Ausschreitungen gegen die jüdischen Bürger der Stadt kam.

In einer Meldung nach Berlin wurde Pappenheim am 1.7.1936 als „judenfrei“ bezeichnet. Die letzten Juden, die in Pappenheim anwesend waren, war die bereits genannte Familie Schimmel

Ralf Rossmeisel stellte 1988 eine Übersicht über die Geschichte der ansässigen Juden in Pappenheim auf, hier ein kurzer Auszug:

1925

10 Juden

1933

7 Juden

6.4.1936

4 Juden

1.7.1936

Pappenheim „judenfrei“

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5.4 Pappenheimer Judenfriedhof

Die Stadt Pappenheim besitzt einen der ältesten jüdischen Friedhöfe in ganz Europa. Bislang ist es noch umstritten, ob und in welchem Ausmaß der Friedhof in der Zeit von 1933 bis 1945 beschädigt worden ist.

Fest steht, dass die Grabsteine im November 1938 zum größten Teil entfernt worden sind und als Baumaterial verwendet wurden. Sie wurden 1950 wieder aufgestellt. Da es keinen Plan des Friedhofs und der Grabsteine gab, ist anzunehmen, dass die meisten Grabsteine am falschen Ort platziert worden sind.

Weiterhin steht fest, dass bei den Bauarbeiten zur Erweiterung der Ruckwidstraße (sie trägt auch heute noch den selben Namen) zwei Rabbiner anwesend waren, die eventuell auftauchende Gebeine wieder beerdigen sollten. aus der jüdischen Sicht kommt eine solche „Umbettung“ der Grabschändung gleich.

Da die christlichen und jüdischen Vorstellungen bezüglich der Grabesruhe divergieren, kann man von jüdischer Seite durchaus von einer Schändung reden. Auch wenn ein solcher Vorgang aus christlicher Sicht lediglich einer Umbettung entspräche.

Dies widerspricht den Erzählungen eines Zeitzeugen, es gab in Pappenheim damals Gerüchte, dass der Judenfriedhof massiv geschändet worden sei, es sollen sogar Gräberöffnungen stattgefunden haben. Diesen Vorgang in irgendeiner Weise wissenschaftlich zu belegen, fällt natürlich schwer, es handelt sich hier um die Aussage eines Zeitzeugen und stellt keine verbindliche Behauptung dar.

Aufgrund der unterschiedlichen Berichte und Quellen lässt sich nicht einwandfrei klären, was nun tatsächlich geschehen ist. Es gibt natürlich auch Quellen, die darauf hindeuten, dass nur eine geringfügige Zerstörung und keinerlei Schändungen stattgefunden haben.

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